Donnerstag, 6. November 2008

BKA-Gesetz: Regierungskoalition einigt sich auf Gesetzesentwurf

Die Bundesregierung hat sich heute auf einen Entwurf zum BKA-Gesetz geeinigt. Bisher hatten Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD mehrfach für Verzögerungen und heftige Diskussionen gesorgt. Nun aber scheint es, als wären derartige Probleme Vergangenheit: Bereits am kommenden Mittwoch soll der Bundestag das neue Gesetz verabschieden.

Das neue BKA-Gesetz soll dem Bundeskriminalamt (abgekürzt BKA) eine Vielzahl neuer Befugnisse zusprechen, um es besser in die Bekämpfung des Terrorismus einzubeziehen. Über die genaue Natur dieser Befugnisse mussten sich Union und SPD in einem monatelangen Prozess einigen.

Zu den neuen Befugnissen gehört unter anderem die Möglichkeit, Kameras in den Wohnungen Verdächtiger unterzubringen (der sogenannte "Große Spähangriff"). Auch der bereits seit Jahren praktizierte "Große Lauschangriff", also die Überwachung privater Wohnungen mit Hilfe von heimlich angebrachten Mikrofonen, wird noch einmal aufgerüstet: Anstatt wie bisher die Mikrofone abzuschalten, sobald die Überwachten über private Themen reden, wird es nun das sogenannte "Richterband" geben. Das bedeutet, dass alles aufgezeichnet wird und ein Richter hinterher entscheidet, welcher Teil des Materials verwendet werden darf. Besonders brisant ist bei diesen Überwachungsmaßnahmen, dass auch in den Wohnungen von Kontaktpersonen dieselben Überwachungsmethoden eingesetzt werden dürfen. So hofft man, dass man weitere Informationen über den Verdächtigen bekommt. Kritiker bemängeln allerdings den massiven Eingriff in die Grundrechte unschuldiger und unverdächtiger Menschen.

Besonders umstritten war lange Zeit die heimliche Online-Durchsuchung privater Computer. Hierbei wird eine spezielle Software heimlich in den Rechner eines Verdächtigen eingeschleust, wo sie dann nach Beweismaterial sucht und die aus- und eingehende Kommunikation überwacht. Lange Zeit war die SPD komplett gegen eine Einbeziehung der Online-Durchsuchung ins BKA-Gesetz, während die Union diesen Schritt als unbedingt notwendig ansah. Nachdem die SPD schließlich Entgegenkommen signalisiert hatte, gab es noch einmal heftige Diskussionen über die genaue Umsetzung dieser Maßnahme. So sprach sich die CDU/CSU lange Zeit dafür aus, die für die Online-Durchsuchung benötigte Software (im Volksmund "Bundestrojaner" genannt) auch durch das heimliche Eindringen in die Wohnung des Verdächtigen anbringen zu dürfen. Hierbei musste Union aber letztendlich nachgeben. Nun darf der Bundestrojaner nur über das Netz auf den Rechner gelangen.

Zur Durchführung einer Online-Durchsuchung muss nach dem heute beschlossenen Gesetzesentwurf ein richterlicher Beschluss vorliegen. Es wird allerdings eine Regelung für akute Notfälle geben (ähnlich "Gefahr im Verzug" bei einer Hausdurchsuchung) die diese Verpflichtung aufhebt. Die erhobenen Daten müssen nach erfolgter Durchsuchung überprüft werden, ob sie den sogenannten Kernbereich privater Lebensgestaltung verletzen. Diese Überprüfung soll nicht, wie bisher vorgesehen, durch einen BKA-Beamten mit Befähigung zum Richteramt, sondern durch einen "unabhängigen Datenschutzbeauftragten" des BKA erfolgen.

Die Regierungsmitglieder scheinen größtenteils voll hinter ihrem neuesten Projekt zu stehen. "Rechtsstaatliche Grundsätze werden strikt beachtet und gleichzeitig bekommt das BKA dringend notwendige Befugnisse, um Terror wirksamer bekämpfen zu können. Wir haben ein gutes Gesetz noch besser gemacht," schwärmte etwa Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach gegenüber der ARD.

Im Lager der Bürgerrechtler und Datenschutzaktivisten ist man dagegen alles andere als angetan vom neuen Gesetzesentwurf und den Plänen zu seiner baldigen Umsetzung. So bald wie möglich aktiv werden will die bekannte Schriftstellerin und Journalistin Bettina Winsemann alias Twister, die bereits eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Online-Durchsuchung im NRW-Landespolizeigesetz durchgeführt hat. In einem Foren-Posting kündigte sie an, auch gegen den "Bundestrojaner" nach Karlsruhe ziehen zu wollen. Dafür werden allerdings Spenden in Höhe von geschätzten 10.000 Euro benötigt, deren genaues Ziel sie nach der Verabschiedung des Gesetzes, die voraussichtlich am kommenden Mittwoch erfolgen wird, in einer Pressemitteilung bekannt geben wird.

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